Annika und Robert sind ein relativ junges Eiskunstlaufpaar und stehen noch am Anfang ihres sportlichen Weges. Doch auch der Anfang scheint nicht immer glatt zu laufen. Coronazeit, verkürzte Vorbereitungszeit, eine Verletzung machten es ihnen auch nicht leichter. Nun sind die beiden bereit für die Wettkämpfe und erklären in diesem Interview, welche Ziele sie sich gesetzt haben und wie sie sich auf diese Saison vorbereitet haben.

Wie war die Vorbereitung auf die wichtige olympische Saison?

Annika: Für uns war alles sehr neu. Im April hatten wir unseren ersten Bundeswehrlehrgang, dadurch ist uns dieser Monat gefehlt, aber es musste erledigt werden. Wir kriegen ja viel Förderung von der Bundeswehr. An diese fehlende Zeit bei der Vorbereitung musste man erstmal gewöhnen. Es war viel aufzuholen. Im Sommer konnten wir gut arbeiten, hatten keine größeren Verletzungen. Robert und ich waren für zwei Wochen in Oberstdorf in Trainingslager (DEU und ISU). Danach konnten wir gut weiter zu Hause arbeiten, bis bei mir eine Schleimbeutelentzündung am Knie diagnostiziert wurde, was uns wieder zwei Wochen Zeit kostete. Vor der Nebelhorntrophy sind wir beide krank geworden…

Robert: Ja, wir waren krank, heißt mit Fieber und allem Drum und Dran, was dazu gehört. Es war kein Corona, aber es kam nach der Impfung, es war so eine „Schein-Corona“. Aber diese Impfung ließen wir uns machen, damit wir weiter zu den Wettbewerben reisen können. Denn wenn wir z. B. aus Russland, wo wir unseren Grand Prix haben, zurückkehren, müssten wir ohne Impfung für zwei Wochen in Quarantäne. Und die nächsten Wettbewerbe starten schon eine Woche später… Das heißt, wir könnten daran nicht teilnehmen.

Annika: Es war für uns echt schwierig. Aber insgesamt ist es eine gute Erfahrung für uns, weil wir wissen, dass wir uns trotz wenig Vorbereitung und Ausfälle vertrauen können.

War das Bundeswehr-Camp sehr schwer für euch? Denn ich weiß, da wird man mit ganz anderen, ungewöhnlichen Aufgaben konfrontiert…

Annika: Für mich war es sehr schwer, ich denke für Robert auch, denn es war ein ganz anderer Alltag für uns, den wir so nicht gewohnt sind. Wir sind beide, auch beim Training, Menschen, die gerne mitdenken, selbst entscheiden und sich Gedanken über den Trainingsplan machen. Bei der Bundeswehr ist das nicht möglich. Der Tagesablauf ist vorgegeben und wir müssen machen, was gesagt wird. Für mich war es anstrengend…

Robert: Es ist schon eine andere Welt, definitiv! Wir sind elf Monate Sportsoldaten und in einem Monat wirklich Soldaten und das hat nichts mit unserem Sport zu tun. Es geht um eine Grundausbildung, die jeder Soldat durchläuft, aber für uns war es stark reduziert. Da waren Aufgaben dabei, mit denen wir vorher nie im Leben konfrontiert wurden.

Z. B.?

Annika: Um 5.30 aufstehen!

Robert: Schießen!

Annika: Durch den Wald robben!

Robert: Auf Befehle hören!

Robert: Das ist anders, als wenn man auf die Anweisungen des Trainers hört. Er sagt uns ja nicht: „Du musst dies oder ihr müsst das tun“…. Vieles kommt auch von uns, wir können mitentscheiden. Und hier herrscht ein krasses hierarchisches System und es ist wirklich sehr interessant, das auch einmal zu erleben!

Wann habt ihr die Programme choreografiert?

Annika: Im Juli sind wir schon unsere Programme gelaufen, die Kür aus der Vorsaison haben wir behalten und im Mai aufgefrischt. Das Kurzprogramm wurde direkt nach der Weltmeisterschaft und dem Bundeswehrgang in vier Tagen in Italien mit Anna Cappellini und Luca Lanotte choreografiert

Wie war diese Zusammenarbeit?

Annika: Sehr schön. Wir haben sehr von Erfahrung von Anna und Luca profitiert und hatten gemeinsam eine gute Zeit. Wir hatten noch nie so viel Spaß gehabt und so strukturiert an dem Programm gearbeitet. Diese Zusammenarbeit hat uns echt weitergebracht und wir freuen uns, danach mit ihnen weiter an den Programmen zu feilen.

Wer hat für euch die Musik ausgewählt?

Robert: Wir hatten einen gemeinsamen Pool mit mehreren Musikvorschlägen und der entscheidende Vorschlag kam dann von mir. Meine Intension war, eine ganz andere Musikrichtung auszuwählen. Viele Paare wählen häufig etwas Langsames, Klassisches, was auch nicht einfach zu laufen ist, weil da nicht so viel los ist. Aber für die Preisrichter und vor allem für die Zuschauer ist es etwas anderes, wenn mit einem Programm Stimmung gemacht wird. Ich bin der Meinung, dass ein Programm in erster Linie unterhalten soll. Wir möchten nicht nur irgendwie Elemente abarbeiten und nebenbei Musik laufen lassen.

Wer hat eure Kostüme gestaltet?

Annika: Das mache ich zum größten Teil und habe großen Spaß daran. Es ist manchmal ein bisschen schwierig, wenn man nicht gut zeichnen kann. Ich habe immer Bilder im Kopf und versuche, es irgendwie auf Papier zu bringen oder der Schneiderin zu erklären, was ich mir genau vorstelle. Aber es ist nicht ganz einfach, dass jemand meine Vorstellungen genau umsetzen kann.

Zeichnest Du die Kostüme?

Annika: Ich versuche es, manchmal ist es leichter, mit Bildern zu erklären, was ich möchte. Z.B. ich sage: „Nimm von dem Kostüm das und von dem Kostüm dies!“ So kann man es ein bisschen besser veranschaulichen.

Wie habt ihr es vermieden, in der Coronazeit die Motivation nicht zu verlieren?

Annika: Wir sind ein sehr junges Paar, im letzten Jahr liefen wir erst unsere zweite Saison. Natürlich war es für uns schwierig, weil man nicht wusste, ob man auf Eis laufen darf oder nicht. Es wurden viele Wettbewerbe abgesagt, man hat sich vorbereitet und dann wurden sie annulliert. Die Vorbereitung war schwierig, aber nicht deswegen, dass wir Motivationsprobleme hatten, gerade umgekehrt: Wir wollten unsere Programme laufen und sie den Zuschauern zeigen, da hat die Motivation niemals gefehlt. Aber es hat dann doch nicht so viel Spaß gemacht, weil man es nicht genau wusste, ob ein Wettkampf stattfindet oder nicht.

Robert: Wir haben diese Zeit genutzt und viele Grundlagen aufgefrischt, für die wir am Anfang keine Zeit hatten. Wir liefen in unserer ersten gemeinsamen Saison ab Mai zusammen und im August hatten wir schon die ersten Wettkämpfe. Wir haben so zu sagen bei Null angefangen und hatten für die Grundlagen nicht die nötige Zeit, z. B. bei den Hebungen oder Twists. Wir sind direkt in die Spezifik gegangen und jetzt konnten wir einen Schritt zurück gehen, um ein besseres Fundament aufzubauen. Für die Zukunft!

Habt ihr vor, an den anderen Trainingscamps teilzunehmen oder bei anderen Trainern zu hospitieren?

Robert: Jetzt über den Winter – nicht. Aber wir haben überlegt, dass wir die Kür ein bisschen auffrischen, aber die Wettkämpfe sind bei uns so eng getaktet, dass es nicht einfach ist, irgendetwas groß zu planen.

Annika: Wir fliegen sogar eine Woche früher nach Russland, nach Sotschi, wo wir bei dem GP auftreten.

Robert: Genau, wir reisen früher an, um uns an den Ort zu gewöhnen. Und dann irgendwann beginnen wir, für den nächsten Sommer zu planen, denn die Zeit vergeht schnell. Und dann haben wir vor, soweit es die Bundeswehr zulässt, ein Trainingscamp bei einem anderen Trainer durchzuführen.

Bei wem möchtet ihr ganz gerne hospitieren?

Robert: Das ist noch nicht ganz klar. Wir haben mehrere Möglichkeiten zur Auswahl und werden das zu Hause mit unserem Trainerteam entscheiden, wohin es gehen wird. Schließlich hat so etwas eine größere Auswirkung auf die Zukunft als man denkt.

Welche Hauptziele habt ihr für euch für dieses Jahr gesetzt?

Annika: Das größte Ziel ist natürlich, uns den Olympiastartplatz zu erlaufen, den wir uns so zusagen schon erlaufen haben.

Robert: Aber wir müssen noch intern unter deutschen Paarläufern schauen, wie es weiter geht und wer von den Paaren dann letztendlich Deutschland bei den Olympischen Spielen vertritt.

Annika: Ich denke auch, dass wir immer schauen müssen, dass wir uns als Paar weiterentwickeln, dass wir saubere, fehlerfreie Programme zeigen und dass wir dabei Freude ausstrahlen. Ich möchte, dass die Menschen sich freuen, uns zuzuschauen und wir alle ein gutes Gefühl bekommen, dass unser Paar vielleicht auch auffällt und die Zuschauer sagen: „Hey, die beiden machen etwas anderes, etwas Cooles, es macht Spaß denen zuzuschauen“. Das ist das Wichtigste für uns!

Robert: Es ist wichtig, dass wir uns wohl fühlen, dass die Wettbewerbe und uns die Vorbereitungen darauf Spaß bereiten. Wenn man den ganzen Sommer ohne Wettkampf trainiert, ist es wichtig zu wissen, wofür man es eigentlich tut. Die Wettbewerbe sind wie kleine Etappen, die wir erreichen und die uns die Motivation geben, weiter zu machen. Eiskunstlauf ist unser Beruf und das ist kein „normaler“ Beruf, bei dem man an einem Schreibtisch sitzt und einen Chef und Fristen hat. Wir sind für uns alleine verantwortlich. Man könnte auch sagen: Nee, das reicht jetzt, ich will was anderes machen. Es ist wichtig glücklich zu sein, mit dem, was man macht und tut. Und dass man es macht, weil man es möchte und nicht muss…

Du hast gesagt – „Beruf“. Habt ihr für später einen Plan B?

Robert: Wir investieren beide in die duale Karriere. Wir studieren beide, denn Eiskunstlauf kann man nicht bis zum 65. Jahr betreiben oder bis zum Renteneintritt. Wir sehen uns beide, glaube ich, nicht als zukünftige Eistrainer, die in der gleichen Halle 40 Jahre an der Bande stehen. Es ist schon unser Ziel, irgendwann einen anderen, normalen Beruf auszuüben.

Annika: „Normalen“ (lacht)

Was für ein Beruf könnte das sein?

Annika: Ich bin noch nicht sicher, wo ich landen werde, aber ich weiß, dass mir alles, was mit Social Media zu tun hat, Spaß bereitet und gerne würde ich auch mit der englischen Sprache arbeiten, aber in welche Richtung es gehen soll, weiß ich im Moment nicht.

Robert: Ich studiere Wirtschaftsingenieurwesen und sehe mich später irgendwo in diesem Bereich. Ich weiß nicht, wie viel Ingenieur davon dabei sein wird, aber irgendwo im Bereich Sales könnte ich mich wiederfinden. Da habe ich schon Erfahrungen gesammelt und verstanden, dass es mir Spaß macht und dass ich es gut kann.

Danke schon!

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