Chafik Besseghier zeigt auf dem Eis einen originellen nicht zu verwechselnden Stil, mit jedem Jahr verbessert er sich und verbindet in seinen Programmen verschiedene Welten: Ost und West, Orient und Okzident. Am Rande der Tournee der französischen Mannschaft spricht er über seine letzte Saison, über seine Pläne, seinen Laufstil, erzählt von seinem neuen Exhibition-Programm „Aladdin“ und redet ein bisschen über Politik.
Chafik, kannst Du bitte Deine letzte Saison beschreiben? Wie war es für Dich?
Die Saison begann sehr gut, ich zeigte gute Programme in Japan, lief bei verschiedenen internationalen Wettbewerben (Chafik gewann die Lombardia-Trophy, den Nice-Cup und später den Tyrol-Cup), zum ersten Mal bin ich auch französischer Meister geworden, deshalb war ich sehr sehr glücklich. Danach war ich traurig, weil ich mir eine Verletzung zugezogen habe, konnte ich bei der Europameisterschaft nicht antreten. Ich war wirklich sehr traurig, weil ich dachte, dass ich dort gut laufen könnte. Später war ich bei der Weltmeisterschaft, die Vorbereitung war ein bisschen schwierig gewesen, ich habe viele Fehler gemacht und das hat mit viele Punkte gekostet.
Jetzt bist Du die Nimmer 1 in der französischen Mannschaft, das bedeutet auch – mehr Verantwortung. Spürst Du diesen Druck?
Ja, ein bisschen schon, aber ich versuche wirklich so hart wie möglich zu arbeiten, damit ich näher an die Top-Läufer heran komme. Was die Verantwortung betrifft, für mich ist es ok, ich kann damit umgehen.
Welche Ziele hast Du jetzt?
Letzte Woche hatte ich ein Treffen mit unserer Föderation. Wir möchten meine neuen Programme im Juni gestalten. Ich werde mit Allen Schramm in Dallas daran arbeiten, habe jetzt schon eine Idee für das Kurzprogramm. Für die Kür sind wir noch auf der Suche. Danach, im September, würde ich gerne nach Moskau reisen und wieder mit Elena Bijanova arbeiten. Ich bleibe bei meiner Trainerin Annik Dumont und versuche ab und zu einige Master-Klasses mit verschiedenen Trainern, so wie bei Elena Bujanova zu besuchen.
Es scheint, Du springst viel höher. Gibt es einen Grund dafür?
Elena Bujanova hat mir im letzten Jahr viel beigebracht, ich war gut in Form und sie hat mir wirklich gut geholfen, meine Technik zu verbessern. Ich meine, ich könnte noch besser werden, deshalb wäre es gut, länger in Russland zu bleiben, als im letzten Jahr. Zwei Wochen reichen nicht. Wir werden schauen, ob es klappt und ich hoffe, wenn wir länger zusammenarbeiten, werde ich auch bessere Leistungen zeigen.
Wie arbeitest Du an Deiner Präsentation?
Ich hoffe, in diesem Jahr wird es besser aussehen. Bei der WM habe ich nicht so eine gute Wertung für meine Komponenten bekommen. Meine zweite Note war bei den anderen Wettbewerben besser. Ich habe den Unterschied gesehen, deshalb muss ich jeden Tag daran weiter arbeiten. Ich arbeite mit unserer Nationaltrainerin Catherine Glaise zusammen. Jeden Tag gibt sie mir Unterricht, wie ich meine läuferischen Fähigkeiten verbessern kann. Außerdem bin ich sicher, dass wir zusammen mit dem Choreografen Allen Schramm die Choreografie verbessern und die Komponenten besser gestalten. Wenn ich meine Programme sauber laufe, sind auch die Komponenten besser. Das ist bei Wettbewerben so.
Jetzt nimmst Du an der französischen Tournee teil. Was bedeuten diese Auftritte für Dich?
Es ist schön, alle am Ende der Saison wiederzusehen, es ist schön, die Zeit mit Fans und Freunden zu verbringen, und so den Stress der Saison abbauen. Wir gewinnen dadurch auch neue Erfahrungen. Hier können wir neue Rollen und neue Stile testen, bevor wir sie in Programmen bei den Wettbewerben präsentieren.
Im Laufe der Tournee zeigst Du zwei unterschiedliche Programme. Erzähle ein bisschen darüber.
Mein erstes Programm heißt “I believe I can fly”. Das ist ein sehr schönes Lied, ich mag es wirklich sehr gerne und höre es oft, ich kann die Musik richtig fühlen. Deshalb wollte ich dazu laufen. Und das zweite Programm heißt „Aladdin“. In „Aladdin“ habe ich ein bisschen Hiphop Musik eingebaut. Das ist gut für die Galas, weil ich zwei verschiedene Stile zeige: etwas für jüngere Zuschauer ist dabei und etwas für ältere Menschen, die auch den Film gesehen haben. Ich meine, dass es gut für mich ist. Ich möchte den Zuschauern alles geben, was ich kann und etwas zeigen, was sie noch nicht gesehen haben.
In „Aladdin“ sprichst Du mit dem Genie (Flaschengeist). Welchen Wunsch äußerst Du?
Ich wünsche, das ich so tanzen kann, wie Chris Brown*!
(*das ist ein hip-hop Tänzer)
Deine Programme sind sehr originell, Du verbindest verschiedene Musikrichtungen, läufst zu orientalischer Musik aber auch zu Hip-Hop. Wie würdest Du selbst Deinen Stil beschreiben?
Ich mag es und ich möchte anders als andere Eiskunstläufer sein. Ich meine, es ist interessant. Wenn ich so laufe wie die anderen, wäre das nicht ich und nicht mein Stil. Ich möchte meinen eigenen Stil entwickeln und einen Namen haben. Viele Menschen sprechen mich nach den Wettbewerben an und sagen „Hallo Chafik, ich mag Deine Programme, ich mag Deine Musik, ich mag Deinen Stil“. Es ist schön, so was zu hören. Und solche Worte sind der größte Dank für mich. Ich bin glücklich, es zu hören, weil ich mir wirklich immer Mühe gebe, dem Publikum etwas anderes anzubieten.
Für mich und für unseren Sport ist es wichtig, verschiedene Stile zu haben, ich bin traurig, wenn Menschen öfter dieselbe Musik hören und dieselben Bewegung sehen. Wir sollten anderes sein, so wie es Brian war, oder Plushenko, oder Jagudin, oder Takahashi. Sie alle sind sehr charismatische Läufer, und sie haben dem Publikum immer etwas gegeben. Einige Top-Läufer zeigen Emotionen, aber nicht alle. Brian und Florent konnten es.
Wie schaffst Du es, den Orient und den Westen in Deinen Programmen zu verbinden?
Ich mag orientalische Musik wegen des schnelleren Rhythmus, ich kann auch den Orient sehr gut fühlen, weil ich selber ursprünglich aus Algerien stamme. Ich bin prädestiniert für diesen Musikstil. Ich mag die Lieder, ich mag die nationale Musik. Dasselbe gilt auch für Hip-Hop-Musik. Als ich junger war, habe ich es oft gehört und habe so einen Hang dazu entwickelt. Ich möchte ja anderes sein und ich versuche es auch.
Gerade jetzt gibt es so viele negative Berichte im Fernsehen über Algerien, über Migranten. Wie gehst Du damit um?
Das ist sehr traurig und sehr schwierig für Menschen wie mich. Denn, wenn man Fernsehen guckt, zeigt man nur Negatives. Jeden Tag sieht man Bilder, dass Menschen Böses tun. Das ist sehr schwierig zu sehen und zu akzeptieren. Das ist auch traurig zugleich, wenn man Menschen wie mich auf der Straße sieht, denkt man – ah – da ist auch so ein Böser. Ich meine, man könnte auch etwas Gutes im Fernsehen bringen, positive Reportagen zeigen. Was mich betrifft, versuche ich jeden Tag zu zeigen, dass es Menschen gibt, die auch Gutes tun. Jeden Tag versuche ich eine andere Seite zu zeigen, etwas zu machen, worauf Menschen stolz sein können. Es gibt viele Menschen aus Algerien, die etwas Gutes leisten. Ich denke, man braucht einige Generationen, um sich davon zu befreien. Ich hoffe, es wird sich ändern und ich hoffe auf den Frieden in der ganzen Welt.
Deshalb meine ich, dass gerade Programme wie Dein „Aladdin“, wichtig sind…
Genau. Es gefällt jedem und Kinder freuen sich darüber.
Damit lässt Du auch Menschen an das Positive erinnern und andere Seiten sehen
Ja, habe ich auch daran gedacht.
Und was machst Du in Deiner Freizeit? Hast Du Hobbies? Ich weiß, Du hast auch eine Katze…
Meine Hobbies? Mich erholen! (lacht). Viel Erholung! Aber ich mag auch ins Kino zu gehen, mir neue Filme anschauen. Ich mag es, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, mag Autos und Motorräder. Aber ich habe kein Motorrad, das ist jetzt zu gefährlich für mich. Aber wenn ich meine Karriere beende, werde ich eines haben. Manchmal kann ich mit meinen Freunden fahren. Ja, ich habe auch einen Kater, aber er ist in meiner Heimatstadt bei meiner Mutter. Er heißt Picachu. Ich mag wirklich Haustiere, aber leider habe ich jetzt nicht so viel Zeit für sie. Außerdem mag ich Ski laufen – wenn es möglich ist und ich mag Fußball.
Welche Fußballklubs magst Du?
Ich mag unsere französische Nationalmannschaft, unter französischen Mannschaften unterstütze ich die aus Marseille. Und auf internationaler eben bin ich Fan von Barcelona.
Hast Du Dir bereits Gedanken gemacht, was Du nach dem Eislaufen machen möchtest?
Ich werde ein bisschen trainieren, vielleicht Choreografien gestalten. Ich möchte später auch mit meinem Vater in der Firma arbeiten. Ich mag Eiskunstlauf, aber wenn ich meine Karriere beende, möchte ich raus sein. Ich habe viel Zeit in den Sport investiert, und möchte was anderes im Leben versuchen. Ich habe mein Studium (Ökonomie) absolviert, habe ein Diplom bekommen, eine Trainerlizenz habe ich auch. Vielleicht laufe ich in einigen Shows, werde reisen – ich mag Reisen! Ich möchte die Welt sehen und danach werde ich Unternehmer.