Aljona Savchenko und Robin Szolkowy

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy sind immer für eine Überraschung gut. Vor kurzem haben die beiden ihre Fans nicht schlecht überrascht als sie bekannt gegeben haben, dass sie nun wieder ihre Kräfte vereinen und zusammen in Chemnitz arbeiten werden. Denn: vor ein paar Jahren konnte kaum jemand an dieses gemeinsame Comeback glauben. In diesem Interview sprechen die beiden über ihr neues Projekt in Chemnitz, ihre Rückkehr in diese Stadt. Sie sprechen über ihre Pläne, den deutschen Eiskunstlauf wieder an die Spitze zu bringen.

Savchenko und Szolkowy
(c) Aljona Savchenko

Aljona, heute sprechen wir wieder offiziell und machen ein Interview! 

Aljona: Hahahah (lacht)

Mit Robin habe ich schon lange nicht mehr gesprochen…

Robin: Ja – das ist eine Weile her …

Noch vor 2 Monaten habe ich Dich in Hereenveen besucht und jetzt bist Du in Chemnitz. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Es gab viele Gründe, warum ich diese Entscheidung getroffen habe. Der wichtigste Grund ist meine Familie. Außerdem war mir wichtig, mich wohlzufühlen, sowohl im Team als auch allgemein. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich in einem fremden Land befand, angefangen bei der Sprache und allem, was damit verbunden ist. Es passte einfach nicht mehr für mich.

Robin, Du warst auch lange Zeit in der Schweiz. Wie kam es zu dem Umzug nach Chemnitz?

Robin: Die Entscheidung wieder nach Chemnitz zurückzukommen war das Ergebnis von vielen kleinen Faktoren. Meine Familie und ich haben die USA im Sommer 2020 verlassen, da Corona und die politische Situation uns die Hoffnung nahmen. Mein zweiter Sohn war gerade geboren und ich konnte meiner Familie alles andere als Stabilität bieten. Dann sind wir quasi unfreiwillig in die Schweiz zurückgekehrt. In den folgenden zwei Jahren haben wir stets probiert uns wieder einzugliedern. Eine private Feier mit Chemnitzer Freunden hat uns dann endgültig die Augen geöffnet und uns die richtige Richtung gewiesen – nach Chemnitz! Meine Frau, welche gebürtige Schweizerin ist, war von Anfang an zu 100 Prozent mit mir im Boot bei diesem Projekt … und jetzt schließt sich der Kreis!

Etwa vor einem Jahr wart ihr bei „Wer weiß denn so was?“, habt ihr damals schon an so ein Projekt gedacht?

Aljona: Ja, wir waren zusammen bei dieser Sendung, aber wir hatten schon vorher Gespräche geführt. Wir haben uns darüber ausgetauscht, wie es mir geht, wie es ihm geht… Und da hatten wir bereits über eine mögliche Zusammenarbeit nachgedacht. Möglicherweise waren wir damals noch nicht bereit dafür.

Robin: Das stimmt. Wir hatten seit 2020 immer mal wieder Kontakt und haben über dies oder jenes Projekt geredet. Aber man merkt genau, wann es richtig ist und wann vielleicht noch nicht.

Was ist in Deutschland besser als in Holland?

Aljona: Ich kann keinen direkten Vergleich zwischen Deutschland und Holland ziehen. Deutschland ist längst meine zweite Heimat geworden, und damit ist eigentlich schon alles gesagt. Jedes Land hat seine Vor- und Nachteile, und jeder Einzelne kann für sich selbst entscheiden, was das Beste ist.

Robin, Du hast auch schon in mehreren Ländern als Trainer gearbeitet: Russland, die USA, die Schweiz und jetzt wieder Chemnitz…. Wie kam es dazu?

Robin: Als aktiver Sportler konnte ich mir nie vorstellen als Trainer zu arbeiten!!! Und dann ca. 4 Monate nach meinem Karriereende habe ich einen Vertrag mit dem Russischen Verband unterschrieben. Ich glaube, das Gefühl gehört, geschätzt und gebraucht zu werden, ist sehr viel wert und lässt neue Denkweisen zu. Und so fand ich mich schnell im internationalen Trainergeschäft wieder … und es war genau mein Ding!

Eiskunstlaufprojekt in Chemnitz

Wie kam die Idee zur Gründung eines Eiskunstlaufprojekts in Chemnitz zustande und was sind die Hauptziele des Projekts?

Aljona: Wir haben lange darüber gesprochen, auch mit der Stadt Chemnitz, dass wir ein gemeinsames Projekt anstreben und den Eiskunstlauf in Chemnitz und in Deutschland wieder voranbringen wollen. Wir möchten unsere Erfahrungen an die jüngere Generation weitergeben und die lange Tradition des Eiskunstlaufens in Chemnitz wiederbeleben. Das ist unser großes Ziel. Wir stehen noch am Anfang, es gibt noch viel aufzubauen, aber wir freuen uns sehr auf diese Zusammenarbeit und werden unser Bestes geben, um alles zu erreichen, was wir uns vorgenommen haben.

Robin: Da gibt es nichts mehr zu ergänzen.

Wie werden die verschiedenen Disziplinen des Eiskunstlaufs (Paarlauf, Eistanz, Einzellauf) im Projekt unterrichtet und welche Besonderheiten gibt es in jedem Bereich?

Robin: Der Grundgedanke ist natürlich auch, dass man das macht, was man kann … was man gut kann. Für die Bereiche, wo man nicht 100 Prozent abliefern kann, bringt man neu Leute mit rein. Wichtig ist, dass das Große und Ganze in den richtigen Bahnen läuft und von A bis Z professionell koordiniert wird.

Aljona: Die verschiedenen Disziplinen werden entsprechend aufgeteilt, wobei jeder von uns das macht, was er am besten kann. Jeder Bereich hat seine eigenen Besonderheiten, aber unser Ziel ist es, das Beste aus jedem einzelnen herauszuholen.

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy
Aljona Savchenko und Robin Szolkowy beim Training in Chemnitz. (c) Aljona Savchenko. Foto von Aljona und Robin zur Verfügung gestellt.

Wie sieht das Trainerteam des Eiskunstlaufprojekts aus und wie wird es zusammengearbeitet, um den Teilnehmern ein optimales Trainingserlebnis zu bieten?

Robin: Da stehen wir natürlich noch am Anfang – haben Ideen – müssen aber vorerst mal den IST-Zustand von allem abklopfen. Damit meine ich die Infrastruktur, Eiszeiten, Nutzungsmöglichkeiten von Randzeiten, Abstimmung mit den Vereinen und dem Eishallenbetreiber. Viele kleine Puzzleteile … aber zusammen werden wir das definitiv lösen!

Aljona: Da wir uns noch am Anfang befinden, ist es schwierig, eine genaue Aussage über das Trainerteam zu treffen. Unser derzeitiges Ziel ist es, die Eiszeiten zu organisieren und sicherzustellen, dass jeder optimale Trainingsbedingungen erhält. Wir streben an, ein umfassendes Paket anzubieten, das Athletik, Ballett und alles beinhaltet, was für den Eiskunstlauf erforderlich ist. Schritt für Schritt werden wir den Aufbau vorantreiben, um sicherzustellen, dass unsere Sportler ihr volles Potenzial entfalten können und gemeinsam unsere Ziele erreichen.

Gesundheit  ist das A und O bei allen Menschen

Ich weiß, dass für euch die langfristige Gesundheit der Teilnehmer im Eiskunstlaufprojekt sehr wichtig ist, welche Rolle werden dabei Fachkräfte aus dem medizinischen Bereich spielen?

Aljona: Wir werden eng mit Ärzten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass unsere Sportler so gesund wie möglich bleiben und sie dabei unterstützen, auf ihren Körper zu achten. Eine gesunde Ernährung und mentale Stärke sind wichtige Aspekte. Es gibt viele Menschen, die uns dabei helfen möchten, und wir werden sie in unser Team einbinden.

Robin: Gesundheit – egal ob psychisch oder physisch – ist das A und O bei allen Menschen. Im Sport genauso wie außerhalb des Sports. Darum ist es ganz wichtig einem sportlichen Talent auch professionelle Hilfe und Unterstützung anbieten zu können in Form von Fachleuten.

Wie wichtig ist es, dass die sportliche Entwicklung der Kinder auf einer gesunden Basis erfolgt und welche Rolle spielt die mentale Gesundheit dabei im Rahmen des Projekts?

Aljona: Gesundheit bildet die Basis für die sportliche Entwicklung. Es ist wichtig, ein solides Fundament zu haben, auf dem alles aufbauen kann. Die mentale Gesundheit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir legen großen Wert darauf, dass die Kinder nicht nur körperlich, sondern auch mental stark sind. Das Wohlbefinden und die Ausgewogenheit sind für uns von großer Bedeutung.

Never say never!

Zurück zu Euch selbst: Nun kann man euch zusammen hinter der Bande als Trainer sehen. Dürfen eure Fans eventuell auch darauf hoffen, euch zusammen auf dem Eis zu sehen?

Aljona: Ja, (lächelt) wir konzentrieren uns zunächst auf das Wesentliche, den Aufbau und die erfolgreiche Umsetzung unseres Projekts. Wenn alles nach Plan läuft, können wir uns vorstellen, eines Tages selbst im Rampenlicht zu stehen und in einer Show aufzutreten. Wir würden diese Möglichkeit gerne nutzen, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt und wir genügend Zeit dafür haben. Lasst euch überraschen, was die Zukunft bringt!

Robin: Never say never! Aber alles Schritt für Schritt! Der Fokus liegt ganz klar auf dem Coaching von neuen Talenten!

Habt ihr schon zusammen trainiert?

Robin: Ja – ich hab da ein paar Muskeln wieder reaktiveren müssen – die waren wohl etwas rostig geworden über die Jahre …

Aljona: Ja, wir haben bereits einige Male zusammen trainiert und uns an alte Zeiten erinnert. Wir haben die Grundlagen wiederholt und gemeinsam trainiert, um wieder ins Gefühl zu kommen.

Aljona, wie war es nach fast 9 Jahren wieder zusammen mit Robin auf dem Eis zu stehen?

Aljona: Es fühlte sich an, als wären wir nie auseinander gewesen.

Robin, wie hast Du es empfunden?

Robin: Es ist schon erstaunlich, was der menschliche Körper so alles kann. Auch was er sich merken kann. Ich habe die letzten 9 Jahre hier und da mal eine Hebung gemacht, mal einen Wurf und vielleicht noch eine Todesspirale … aber nichts davon war gute Qualität oder hatte was von Klasse. Aber mit Aljona wieder auf dem Eis zu stehen hatte etwas sehr sehr vertrautes … und die Erinnerungen kamen schnell wieder vom Kopf in den Körper!

Wenn ihr jetzt theoretisch bei einer Show zusammenlaufen würdet, welches gemeinsame Programm würdest Du dafür nehmen? Oder gar was Neues?

Aljona: Wenn es zu einem gemeinsamen Auftritt in einer Show kommt, sollte es auf jeden Fall etwas Neues und Kreatives sein.

Robin: Laut aktuellem Fitnessstand wäre das wohl etwas sehr langsames und sehr kurzes.

Habt Ihr auch Kontakt zu Ingo Steuer?

Aljona: Ja, wir haben Kontakt zu ihm, da wir auch mit seinem Paar arbeiten. Ich mache zum Beispiel jetzt die Choreografie für sein Paar. Aber ich kann mich auch an ihn wenden, wenn ich Unterstützung brauche – beispielsweise mit dem Musikschnitt.

Robin: Ja – ich arbeite schon seit August 2022 mit Ingo zusammen. Da wir das Paar Roscher/Schuster zusammen betreuen, müssen wir uns andauernd abstimmen über die nächsten Schritte um diese Beiden nach vorn zu bringen.

Rückschläge gehören dazu

Wie geht Ihr mit Rückschlägen um und wie helft Ihr Euren Schülerinnen und Schülern dabei, aus Fehlern zu lernen?

Aljona: Rückschläge gehören zum Leben dazu, leider. Meine Herangehensweise ist es, die Formel „Runterfallen, Aufstehen, Weitermachen“ zu leben und sie auch meinen Kids zu vermitteln. Es ist wichtig, immer weiterzukämpfen, egal was passiert.

Robin: Dazu gibt es viele kluge Sprüche! Aber jeder ist anders und hat auch andere Ziele und auch ein anderes Empfinden. Fakt ist, dass Rückschläge genauso zum Leben gehören wie auch Erfolge! Nur die Gewichtung muss jeder für sich festlegen. Ich denke, dass der Fakt, dass wir beide auch Eltern sind, läßt es zu, dass wir den Sportler noch besser begleiten können, da wir dies jeweils täglich mit unseren eigenen Kindern üben und praktizieren.

Wie läuft es jetzt mit dem deutschen Verband? Werdet ihr zusammenarbeiten?

Robin: Auf jeden Fall! Wir sind für Deutschland an den Start gegangen, leben und arbeiten jetzt wieder in Deutschland … das wäre doch nur eine logische Konsequenz!

Aljona: Ja, wir haben auch ein Gespräch mit dem Verband geführt und würden uns freuen, wenn wir eine Zusammenarbeit beginnen könnten. Wir werden sehen, was die Zukunft für uns bereithält. Auf jeden Fall sind wir offen für eine Zusammenarbeit.

Wie meint Ihr, kann man den deutschen Eiskunstlauf wieder nach vorne bringen?

Aljona: Auf jeden Fall! Es ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig! Genau daran arbeiten wir jetzt und wir hoffen, dass es uns gelingen wird.

Robin: Talente sind da. Die Infrastruktur ist auch da. Also sollte es doch möglich sein in kürzeren Intervallen als bisher üblich, Deutschland auf den Podien bei Eislaufwettkämpfen zu sehen!!! Also „ja“!

Aljona, als ich bei Dir war, Amilia, Deine Tochter wollte unbedingt mir einen spontanen Tanz zeigen, und es war fast wie eine Kür. Sie kann sehr gut die Musik fühlen! Will sie mal Eiskunstläuferin werden?

Aljona: Sie liebt Musik und denkt sich bereits verschiedene Choreografien aus. Sie ist ein sehr energiegeladenes Kind. Wenn sie es möchte, werde ich sie dabei unterstützen. Ursprünglich hatte ich gehofft, dass sie vielleicht etwas anderes wählt – vielleicht nicht den Eiskunstlauf. Aber sie hat den Wunsch dazu und ich werde sie unterstützen, wenn sie es wirklich möchte.

Robin, möchten Deine Söhne auch mal auf Eis gehen? Haben sie schon mal es probiert?

Robin: Mein großer Sohn, Henry, hat vor Jahren mal einen Anfängerkurs mitgemacht. Jetzt ist aber sehr glücklich in einem Fussballverein … und auch echt gut! Mein kleiner Sohn, George, war im letzten Winter mit seiner Kita auf dem Eis. Seit dem her höre ich immer wieder die Frage, wann er mal wieder auf das Eis darf. Naja … ich denke ab August /September werden wir ihn im Verein anmelden.

Aljona, Dein Rat an die 15-jährige Aljona Savchenko…

Aljona: Wenn ich an meine 15-jährige Selbst zurückdenke… das ist eine gute Frage… Ich denke, ich würde gar nichts sagen. Denn: Es gab Fehler, aber es waren meine Fehler. Es gab Rückschläge, aber es waren meine Rückschläge. Es gab falsche Entscheidungen – aber auch daraus habe ich viel gelernt. Ich würde vielleicht nur ihr sagen – „die Herausforderungen werden dich stärker machen und dich auf dem Weg zu deinen Träumen voranbringen“. Aber ich glaube… das wusste ich schon damals, oder zumindest habe ich es so vermutet! (lacht)

Robin, was würdest Du einem 15-jährigen Robin Szolkowy empfehlen?

Robin: Mach alles mit 100 Prozent! Kannst du keine 100 Prozent mehr geben – dann schau dich nach neuen Aufgaben um, denn halbe Kraft ist noch nicht mal einen halben Erfolg wert!

Vielen Dank für das Interview!

Alexandra Ilina

Vielen Dank für die Fotos an Aljona Savchenko! (c) Aljona Savchenko

 

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