Alexander König ist der Trainer von den deutschen Olympiasiegern Aljona Savchenko und Bruno Massot. Zusammen mit Jeff Ballester hat er die beiden 2018 ganz nach oben gebracht, auf die Spitze, die jeder Sportler in seinem Sportleben erreichen will. Seitdem sind fast vier Jahre vergangen. Was macht Alex König heute und wie schätzt er den heutigen Paarlauf ein? Wie haben er und seine Sportler die Coronazeit erlebt? Und was zeichnet einen perfekten Trainer aus? Diese Fragen stellte ich dem renommierten Trainer… auch ganz oben. Denn das Interview ist auf der Spitze des Nebelhorns entstanden. Und ich wollte unbedingt verstehen, was man braucht, um irgendwann „ganz oben“ anzukommen… 

Wir beginnen mit einer einfachen Frage: Wie geht es Ihnen, Herr König?

Mir geht es gut!

Was machen Sie jetzt?

Ich arbeite für die DEU als Nationaltrainer für den Paarlauf, bin sowohl für die Paare, also aus unseren drei aktuellen Meisterklassen, als auch für die Trainer dieser drei Paare zuständig.  Ich engagiere mich auch für den Nachwuchs, dass neue Paare nachkommen und die Kette nicht abreißt, um die Tradition des Paarlaufens in Deutschland aufrecht zu erhalten.

Dann kann ich Sie auch nach den „Aljonas und Brunos“ von Morgen fragen…

Momentan sind keine Aljonas und Brunos in Sicht, aber wir haben andere Kinder und vielleicht können sie eines Tages in die Fußstapfen unserer Olympiasieger treten und sich entwickeln. In die Zukunft kann man nie schauen, aber ich freue mich schon darauf.

Die letzten anderthalb Jahre waren nicht einfach, man war nicht sicher, ob Wettkämpfe stattfinden. Wie kann man noch Motivation entwickeln?

Ich finde, wir haben es im Nachhinein alles ganz gut gestaltet und wir haben von Topteams keine verloren, bzw. bei den Junioren haben wir einen Jungen „verloren“.  Der 18-Jährige hat gesagt: „Es gibt keine Wettkämpfe mehr, da höre ich auf!“  Es war schade, aber der Rest blieb dabei, wir haben weiter trainiert und haben die Situation nicht dramatisiert. 

Wir haben es unter den Kollegen so abgesprochen, dass wir die Pandemie ernst nehmen und Sportlern klar machen, wie sie sich zu verhalten haben. Wir haben allen klar gemacht, dass Regeln zu beachten sind, um unser Training fortsetzten zu können. Denn es könnte sein, dass z. B. in einer Trainingsgruppe ein Covid-Fall aufritt und die ganze Gruppe könnte auf längere Zeit nicht mehr trainieren…  Wir sind wirklich alle gut durch Pandemie gekommen und haben versucht, aufeinander aufzupassen in der Hoffnung, so wie es jetzt ist, wieder starten zu können. Ich glaube, es ist uns allen sehr gut gelungen.

Gab es Bedenken wegen Impfungen?

Auch da habe ich nicht den Ton angegeben, unter dem Motto „wir müssen uns alle impfen lassen“. Es war mehr oder weniger jedem selbst überlassen und es wurde gut gelöst. Die Top- Läufer haben sich impfen lassen,  es gab ein Angebot vom Olympischen Bund und die Sportler haben es gut angenommen, in der weisen Voraussicht, dass sie ohne Impfung nicht reisen oder an den Wettkämpfen nicht teilnehmen können. Bei den Kleineren, in der Nachwuchsgruppe, gibt es Bedenken, weil die Eltern bei dieser Entscheidung zögerlich sind. Aber ich akzeptiere diese Entscheidung und möchte keine Reibungspunkte erzeugen. Denn die Wahrnehmung der Pandemie in unserem Leben ist doch sehr unterschiedlich, von „total ernstnehmen“ bis „gibt es nichts“. Als Trainer kannst du nur deine Meinung äußern, aber niemanden verurteilen oder zu etwas zwingen.

Aljona Savchenko hat mir viel für das Buch (Aljona Savchenko: Der lange Weg zum Gold) von Mental-Training berichtet. Könnten Sie ein bisschen ausführlicher darüber erzählen, wie Sie das gestalten und die Rolle eines Mentaltrainers erläutern… 

Es findet alles im Kopf statt und von allem, was du tust, musst du überzeugt sein. Wenn du es nicht bist, dann macht es keinen Sinn, etwas zu beginnen. Ich bin sehr gerne dabei, Visionen in die Köpfe der Kinder zu pflanzen, ihre Träume zu wecken, so dass sie glauben, dass sie es können. Ich meine jetzt nicht, ihnen etwas vorzuplappern, sondern es geht um etwas, was geweckt wird und mitzieht, einen Traum in die Realität umzusetzen.

Ein Paar muss ja zusammenpassen. Welche Rolle spielt dabei der Trainer?

Ich muss zunächst herausfinden, wie die beiden ticken, wenn sie linksrum tickt und er rechtsrum, dann wird es für alle Beteiligten schwer. Meine Aufgabe als Trainer besteht darin, dass sie in die gleiche Richtung ticken und wenn man es schafft, dass sie und er die gleiche Gedankenwelt haben und das Gleiche wollen, erst dann entsteht ein Paar, das die Kraft bündelt und die doppelte Power ausstrahlt.

Als Trainer müssen sie an vieles denken, alles koordinieren, wie schaffen Sie das?

Ich glaube es ist eine Frage der Kommunikation, du musst präsent sein, mit allen reden: mit Eltern, Kindern, teilweise auch mit Großeltern und man muss einander verstehen.

Sie sind einer der erfolgreichsten Trainer im Eiskunstlauf in Deutschland. Wie würden Sie den perfekten Trainer beschreiben?

Hm, ich glaube, den gibt es nicht. Jeder Trainer muss Macken haben, weil du erst dann authentisch wirkst. Die Kinder müssen auch über dich lachen können…

Warum?

Sie müssen dich auch als Trainer verteufeln dürfen. Du musst auch lustig sein und nicht immer nur streng. Allerdings muss alles genau dort platziert sein, wo es hingehört…  

Also eine Balance zwischen Respekt und „Verteufelung“?

Richtig! Die Sportler müssen auch bemerken, dass Du keine Maschine, sondern ein Mensch bist, der auch die Kinder als Menschen und nicht als Maschinen sieht…

Seit Olympia sind fast vier Jahre vergangen, in welche Richtung entwickelt sich der Paarlauf jetzt?

Ich glaube nicht, dass schon ein richtiger Wechsel stattgefunden hat, eine Richtung wurde mit Aljona und Bruno eingeschlagen, – also die Kombination vom Eistanz mit Paarlauf. Man versucht es mit Musik, Thema und Choreografie umzusetzen, so dass ein Programm durch einen Fluss bzw. durch eine Botschaft gekennzeichnet wird.  Ich denke, unsere Olympiasieger haben dabei ein Zeichen gesetzt. 

Fehlt Ihnen die Arbeit mit Aljona und Bruno?

Ich würde nicht sagen, dass sie mir fehlt. Aber ich denke gerne daran zurück… Ich versuche Kontakt mit den beiden zu halten, das ist mir auch sehr wichtig. Unser Team war klein: Mit Jeff, Liam, Aljona, Bruno und Sophie hatten wir einen kleinen Kreis, der in sich ruhte und die Kraft hatte, daran zu glauben, dass alles am Ende gut sein wird. Und obwohl wir alle danach getrennte Wege gegangen sind, glaube ich an diese Faszination, die wir hatten.

Was haben sie aus dieser Arbeit für sich gelernt?

Ich finde, man denkt oft, man sei ein Teamplayer, so behaupten viele von sich selber. Die Arbeit mit Aljona und Bruno war für mich eine Bestätigung, dass es tatsächlich so ist. Wir hatten ein schönes Team! Das habe ich gelernt und bin überzeugt davon, dass ich gut mit anderen Menschen zusammenarbeiten kann, wenn die Zielrichtung die gleiche ist. Und wenn ich daran zurückdenke, was ich durch diese Zusammenarbeit gelernt habe, dann ist es auch die Faszination der Persönlichkeiten von Bruno und Aljona. Die beiden vereinen in sich  fast alles, was ein Sportler braucht, davon kann man wirklich fasziniert sein. Niemand ist perfekt, jeder hat eine eigene Facette, die für das Team wichtig ist. Wenn Du jetzt gut schreiben kannst und ich gut malen kann, dann sind wir ein Team aus „Schreiben“ und „Malen“. Für unser Team bräuchten wir dann noch einen, der gut singen kann und einen der gut tanzen kann. Dann wären wir ein perfekter Künstler als Team. Wenn wir jetzt drei Menschen hätten, die gut schreiben können, wäre es auch toll, aber uns würden die Komponenten Singen, Malen und Tanzen fehlen.  

Ich weiß, dass Sie gerne malen… Könnten Sie ein bisschen mehr darüber berichten?

Das Malen ist eine punktuelle Sache bei mir, ich male gerne, wenn die Muse bzw. Ruhe es mir zulassen.  Ich kann nicht ad hoc malen, ich brauche zwei-drei-vier Tage, die ich mir dafür frei nehmen kann. Meine Bilder brauchen ganz lange, ich kann an einem Bild Wochen, sogar Monate malen, bis sie wirklich fertig sind. Ich habe in den letzten Jahren kaum gemalt, so dass jetzt einige Bilder darauf warten, fertig gestellt zu werden. 

Stellen Sie auch aus?

Ich würde gerne auch mal in Berlin ausstellen. Wir hatten bereits Ausstellungen in Oberstdorf gehabt. Einige Bilder kann man auch bei Instagram sehen. Eine Ausstellung zu organisieren, kostet viel Zeit und Energie. Aber ich hatte bis jetzt viel Glück gehabt, dass die Aussteller, die Räume zur Verfügung stellten, immer zugesagt haben.

Können Sie sich vorstellen, auch Portraits zu malen?

Nein, das ist nicht meine Art, ich kann auch keine Portraits malen oder sie würden dann surreal sein.

Wie würden sie Aljona und Bruno malen?

Ich habe sie schon gemalt. Ich habe für das Bild eine Pose aus der Kür genommen… 

Die Unendlichkeit?

Nein, die war auch in meinen Gedanken, aber ich habe etwas aus der anderen Kür genommen. Aus Lighthouse. Dazu habe ich eine Zeichnung.

Da sehe ich mehrere Gesichter? Was steckt dahinter?

Aljona und Bruno und unten ist ein Schwan, mit dem Gesicht nach hinten und nach vorne. Aber ich möchte meine Bilder nicht erklären. Denn die Kunst entsteht in den Augen des Betrachters und wenn der Betrachter etwas in meinen Bildern erkennt, was er schön findet, dann können wir von Kunst sprechen.

Was würden Sie noch gerne zu den deutschen Eiskunstlauffans sagen?

Man kann vielleicht an dieser Stelle sagen, dass wir im deutschen Eiskunstlauf eine Wende herbeiführen müssen und diese Wende sollte wirklich an der Basis – in den Vereinen beginnen. Wenn ich es mir vorstelle, dass sich die Kompetenz des deutschen Eiskunstlaufs daran orientiert, glaube ich, dass unsere Eisbahnen wieder gut mit vielen talentierten Kindern gefüllt werden können, so dass wir unsere Sportart weiterhin ausüben können und gute Erfolge verzeichnen.

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