Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron

Zwei Jahre mussten Eiskunstlauffans auf die traditionelle und so beliebte Tournee „La Tournée des Stars Olympiques“ der französischen Mannschaft warten. Zwei Jahre fieberten sie mit und freuten sich über jede Gelegenheit, ihre Lieblinge live zu sehen und zu unterstützen, sei es in Grenoble, Caen oder Nantes, denn nicht alle konnten nach Moskau, Mailand oder sogar nach Pyeong Chang reisen.

Jetzt, nach der Olympischen Saison hat der französische Verband FFSG wieder eine Tournee veranstaltet. Die Eiskunstläufer waren in ganz Frankreich unterwegs: 21 Städte, viele Shows und Trainingseinheiten mit Kindern aus den lokalen Clubs. Klar, es war für alle Eiskunstläufer sehr anstrengend, sich direkt nach der Weltmeisterschaft in Mailand in den Tourneemodus zu versetzen und jeden Abend vor dem heimischen Publikum aufzutreten. Fast ein Monat lang gab es Trainings, Master-Classes, Autogramm-Stunden und unzählige Auftritte. Aber auch viel Witz und Gemeinschaftsgefühl, genau, wie es bei dieser Mannschaft seit Jahren üblich ist.

Philippe Candeloro„Ich bin zum ersten mal seit 20 Jahren dabei“, erklärte Philippe Candeloro vor der Gala. Er setzte darauf, dass man dieser Tournee mehr Züge einer Show verleiht, dafür braucht man andere Beleuchtung und mehr Kunst an sich. „Die Verbindung zum Publikum muss gewährleistet werden“, sagte Candeloro, der zu seiner Zeit vor allem durch seine artistischen Programme sehr populär wurde. Deshalb wurden einige Kleinigkeiten bei der Eröffnung und Finale geändert, die Auftritte wurden ebenso miteinander verbunden. „Die Show mag kürzer auffallen, aber es gibt jetzt mehr Dynamik drin“, erklärte der Eiskunstläufer, der mehr als 20 Jahre Show-Erfahrung mit sich bringt.

„Der Verband verdient mit Shows kein Geld, wir popularisieren diese Sportart mit diesen Galas in Frankreich“, betonte Philippe, der das Publikum durch Tournee führte und die Shows moderierte. Er erklärte Zusammenhänge, machte Scherze und sorgte dafür, dass sich das Publikum keine einzige Sekunde langweilte.

Liebe, Eifersucht, Leidenschaft, selbst Fremdgehen – jede Nummer war mit anderen thematisch verbunden. Was in einem Wettbewerb unvorstellbar wäre, war in einer Show möglich. Denn: Wo sonst könnte man den Eistänzer Romain Le Gac mit der Einzelläuferin Candice Didier laufen sehen? Oder Andrej Novosselov mit Laurine Lecavelier? Allerdings haben ihre „echten“ Partnerinnen ihre Ansprüche auf die Männer, die mal einem anderen Mädchen zwinkern, deutlich geltend gemacht, so dass Romain doch mit Marie-Jade Lauriault und Andrej mit Lola Esbrat ihre Programme zeigten.

Vanessa James

„Mag sein, dass es nicht so viele Tickets verkauft wurden, aber alle Eishallen waren voll, dafür hatten wir auch viele Gäste und das ist auch für die Popularität dieser Sportart wichtig“. Denn: Nur so kann man kleine Kinder für diese Sportart begeistern und gewährleisten, dass nach einer goldenen Generation keine Lücke entsteht und Nachwuchsstars unterwegs sind. „Wir sind sehr glücklich, vor unserem Publikum zu laufen, die schwierigen Elemente zu zeigen. Unsere Zuschauer unterstützen uns und es ist gut  zu spüren, dass sie hinter uns stehen“, erklärte auch Vanessa James vor der Gala in Boulogne-Billancourt.

Mit Feuer, Witz, höchsten Schwierigkeitselementen sorgten die Franzosen für viel Applaus. Selbst das Publikum durfte mitmachen und unter Anweisung von Morgan Cipres zu „ces soirées là !“ tanzen. Und das Publikum machte es wirklich mit. Morgan hat wohl große Zukunft als Showman. Alle Anwesenden standen von ihren Plätzen auf und wiederholten die einfachen Bewegungen. Nach links, nach rechts – und wieder nach links – Kinder, Eltern, Großeltern bewegten sich nach links, nach rechts – lächelten und hatten eine Menge Spaß. Es schien, dass jeder Anwesende in der Eishalle mittanzte: en haut, en bas, à gauche, à droit…

Morgan Cipres

Und dass diese Tournee erfolgreich ist und wirklich den Generationswechsel vorantreibt, kann man an einem Beispiel deutlich sehen. Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron waren bei der französischen Tournee 2014 dabei. Und zwar als Sportler – die als erste das Eis betraten und das Publikum vor den Auftritten der ganz „großen“ wie Brian Joubert oder Natalie Pechalat und Fabian Bourzat vorbereiteten. Nach vier Jahren – sind sie selbst die größten Stars, die dreifachen Weltmeister und vierfachen Europameister, Vize-Olympiasieger – die als letzte die Eisfläche betreten und für den Höhepunkt der ganzen Show mit ihrem feurigen Latina „Shape of You“ sorgen. Selbst Candeloro wollte ein Paar  Schritte erlernen, so dass das Publikum „Shape of You“ zu dritt sehen konnte.

Gabriella Papadakis und Guillaume Cizeron

Trainingseinheiten mit Kindern: Auf der Suche nach der Zukunft

Training

Aber was ist mit ganz kleinen, angehenden Stars und Sternchen? Auch sie konnten von dieser Tournee profitieren. Vor jeder Show gab es, wie auch bei den vergangenen Tournees, Trainingseinheiten mit französischen Eiskunstläufern. Klar, in 40 Minuten kann man wohl keinen neuen Sprung oder Twizzle erlernen, aber das war auch nicht der Sinn der Sache. Was fühlt wohl ein Kind, wenn der dreifache Weltmeister Guillaume Cizeron ihm die Tanzschritte erklärt? Wenn er zeigt, wie man den Körper beherrscht und die Hände richtig hält? Wenn man Arm in Arm mit dem Eiskunstlaufstar über die Eisfläche gleitet und zusammen eine Pirouette dreht? Man kann kaum Worte finden, um diese Gefühle zu beschreiben und die strahlenden Augen der Kinder sagen eigentlich mehr als 1000 Worte.

Training

Es geht bei diesen Trainingseinheiten um die Liebe zum Eiskunstlauf, die Begeisterung und Motivation – all das, was heutzutage nur schwer zu vermitteln ist. Eiskunstlauf gehört schließlich zu den Randsportarten und es ist in vielen Ländern ein Problem, Nachwuchs zu finden. Die Franzosen haben wohl einen richtigen Weg gefunden.

„Wir freuen uns, den Kindern zu helfen und mit ihnen die Zeit zu verbringen. Wir haben in unserem Sportleben viel gelernt und haben viel Erfahrung und all das möchten wir ihnen wiedergeben“, erklärte Morgan Cipres, der auch in Florida, wo das Paar trainiert, ab und zu kleinen Kindern in der Eishalle hilft. „Auch für die Kinder ist es gut, zu sehen, wie wir laufen. Es herrscht eine sehr gute Atmosphäre in unserem Team und wir alle haben viel Spaß dabei“, so Morgan weiter.

TrainingVielleicht drehte Guillaume Cizeron an diesem sonnigen Nachmittag mit einer zukünftigen Olympiasiegerin eine Pirouette? Oder war der Weltmeister von morgen in der Trainingsgruppe von Morgan Cipres oder Gabriella Papadakis? Oder war es ein kleines Mädchen, dem Vanessa James beim Aufstehen nach einem Sturz half? Niemand kann es mit Sicherheit behaupten oder vorhersehen. Vielleicht wird auch niemand von diesen Kindern bis nach ganz oben schaffen. Vielleicht aber doch. Aber das Lächeln und Strahlen in den Augen – sowohl der Kinder beim Training als auch Zuschauer bei der Gala – haben alle diese Anstrengungen belohnt.

Training

Und am Ende schauten alle in einen großen Spiegel – Eiskunstläufer von einer Seite und das Publikum von der anderen. Im Bild spiegelten und verdoppelten sich tausendfach Gefühle, Leidenschaft, Liebe, Glück, Motivation, Energie und Begeisterung, die von beiden Seiten kamen. Alle Anstrengungen, Mühe, harte Trainingsstunden verbarg der Spiegel in seinem Inneren erstmals für sich.

La Tournée des Stars Olympiques im Spiegel

La Tournée des Stars Olympiques: FOTOS