Foto: Lifestream

Auf diesen Tag X haben viele gewartet. Thomas Bach vom IOC musste eine Russland-Entscheidung fällen. Diese Entscheidung ist wohl die wichtigste in seiner Amtszeit. Komplett-Ausschluss? Start unter neutraler Flagge? Eine Geldbuße? Nun gibt es Klarheit. Russland ist ausgeschlossen. ABER – Einige Sportler dürfen unter einer neutralen Flagge und ohne Hymne starten. Auch die Kleidung soll neutral sein.  Außerdem ist das russische olympische Komitee komplett aus dem IOC verbannt. Der ehemalige Sportminister und jetzige Vizepremier Witali Mutko ist lebenslang in allen Funktionen von Olympia ebenso ausgeschlossen. Die Russen werden unter der Kürzung OAR auftreten – („Olympic Athlete from Russia“). 15 Millionen Dollar Strafe sind ebenso zu zahlen.

„Es war ein beispielloser Angriff auf die Integrität der Olympischen Bewegung und des Sports“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach. „Dies soll einen Strich unter die schädigende Episode ziehen und als Katlaysator für einen von der WADA geleiteten effektiveren Anti-Doping-Kampf dienen“, so er weiter.

Das Russische Staatsfernsehen hat bereits vermeldet, nicht von Winterspielen zu berichten.

Für viele Sportler war es eine lebenswichtige Frage: Schließlich trainierten sie JAHRELANG für diesen einen Start, für diese Möglichkeit bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Sie kämpften gegen Verletzungen, sie erlernten hochriskante Vierersprünge, Viererwürfe, sie stürzten tausendfach und standen wieder auf. Tagelang schliefen sie an ihren Programmen, an jeder Bewegung, wählten ganz besondere Musik – Olympia ist der wichtigste Wettbewerb im Leben jedes Sportlers. Darf man eigentlich Eiskunstlauf jetzt ohne Evgenia Medwedewa vorstellen? Ohne Alina Zagitova? Ohne russische Paarläufer? Auch ohne Eistänzer? Wohl kaum. Man kann hier viele Namen  schreiben und jeder von ihnen hegte nur diesen einen Wunsch – dabei zu sein. Können die Beamten mit einem Strich alle diese Jahre von dem harten Training ausradieren? Den Schmerz für jeden einzelnen Sturz von tausenden  nehmen? Und hat sich jemand wohl gefragt, wie sollen diese Sportler überhaupt eine Motivation für ihr Training finden?

Reaktionen

„Noch vor zwei Tagen war ich der Meinung, dass wir überhaupt nirgendwohin fahren sollten, wir machen eine eigene Olympia irgendwo in Saransk und Schluss damit.  Aber vor kurzem habe ich gehört, dass wenn man Olympische Spiele boykottiert, muss man drei weitere auslassen“, zitieren russische Medien den russischen Trainer Alexander Zhulin. Denn, es wurde bereits im Voraus spekuliert, dass russische Athleten ohne russische Flagge starten könnten. Doch Russland lehnte diese Möglichkeit ab. So ein Boykott wäre ein Todesurteil für den gesamten russischen Sport. „Da bricht alles auseinander, das ganze System angefangen von Junioren bis zu Hochleistungsport“, so er weiter. „Ich glaube, wir müssen hinfahren, egal unter welcher Flagge – unter einer weißen, gelben, grünen, schwarzen – egal. Ich habe Mitleid mit den Sportlern, die sich vorbereitet haben und wenn die Möglichkeit besteht, aufzutreten, muss man auftreten“.

Auch der Olympiasieger 1994 Alexey Urmanov vertritt die gleiche Meinung. „Mit anderen Worten schlagen nun einige Leute vor, die Olympiade zu boykottieren und nicht hinzufahren. Es wäre ja richtig, denn so wurden wir erniedrigt und beleidigt. Aber hören Sie mal, was werden wir mit den Menschen tun, die sich darauf vorbereitet haben? Was müssen sie jetzt tun? Sich ganz leise im eigenen Zimmer erhängen?“ , sagte er und plädierte dafür, dass die Sportler auch unter neutraler Flagge auftreten sollten.

„Das ist der Mord für unseren nationalen Sport“, sagte Tatiana Tarasova gegenüber russischen Medien. „Das werden wir überleben, wir haben Schlimmeres überlebt. Aber diese Entscheidung ist nicht fair. Sie wurde anhand Aussagen eines Menschen getroffen, über den das internationale Tribunal entscheiden muss“.

Evgenia Medwedewa„2014 war ich nur 14 Jahre alt. Ich war nicht mal Mitglied des Senioren-Teams meines Landes.  Für mich wäre Pyeongchang die erste Chance, die Olympische Atmosphäre überhaupt zu spüren. Ich verstehe es nicht, warum ich und meine Teamkollegen diese Chance verlieren sollen“, sagte Evgenia Medwedewa in ihrer Ansprache an  IOC.  Ich habe an verschiedenen Wettbewerben teilgenommen und ich bin stolz auf meine zwei Weltmeister-Titel. Aber Olympia ist mein Traum. Jeder Mensch hat Träume und sie hatten auch Chancen, eigene Träume zu verwirklichen. Lassen Sie mich es auch tun! Ich weiß nicht, ob ich als Sportlerin bei einer Olympiade nach Pyeongchang dabei sein werde“. Dabei wies sie daraufhin, dass sie im Vergleich zu anderen Athleten aus anderen Ländern nicht mehr die Möglichkeit hat, unter einer neutralen Flagge im Team-Wettbewerb aufzutreten.

Unter dem hashtag #noRussiaNoGames haben viele Stars und berühmte Persönlichkeiten  aus aller Welt russische Athleten unterstützt.

Nun ist die große Frage: Werden russische Sportler ohne Flagge und Hymne an den Start gehen?